Förderung bahnbrechender Innovationen – jetzt auf Europa und Nachhaltigkeit ausrichten

Die Bundesregierung kommt bei der von ihr angekündigten Förderung bahnrechender Innovationen nur schleppend und kleinteilig voran. Das ergab die Antwort auf meine kleine Anfrage.

Große Herausforderungen brauchen große Lösungen. Die Bundesregierung verharrt in klassischen nationalen Fördermustern, statt Innovation europäisch und bahnbrechend zu denken. Globale Herausforderungen wie die Mobilität der Zukunft, die Energiewende und die Bekämpfung von Fluchtursachen brauchen mutige Ideen und keine kleinteiligen Förderformulare.

Während in den USA bereits seit 1958 bahnbrechende Innovationen durch den Staat gefördert werden, hinkt die Bundesregierung hinterher. Der Bundestag hat sich bereits zu Beginn des Jahres für eine gemeinsame Innovationsagentur mit Frankreich ausgesprochen. Der Bundesregierung ist ein internationales Projekt hingegen zu kompliziert.  Anstatt Macrons ausgestreckte Hand zu ergreifen und aus der „Förderagentur für Sprunginnovationen“ ein deutsch-französisches Leuchtturmprojekt zu machen, erteilt die Bundesforschungsministerin Karliczek einer solchen eine deutliche Absage. Damit missachtet sie die gemeinsame Resolution der Assemblée nationale und des Deutschen Bundestages zum 55. Jahrestag des Élysée-Vertrags. Es ist verheerend, wie diese Bundesregierung Europa in allen Bereichen ausbremst.

Bundesforschungsministerin Karliczek vermittelt nicht den Eindruck, dass sie wirklich mit Leidenschaft für eine neue Innovationskultur kämpft. Die Ausgestaltung einer Agentur für Sprunginnovationen ist hinsichtlich Organisationsstruktur, Förderinstrumenten und Finanzierung weiterhin unklar. Wie unter diesen Vorzeichen eine Gründung noch in 2018 erfolgen soll, ist für mich äußerst schleierhaft.

Zudem zeigen die Überlegungen der Bundesregierung zur Förderagentur einmal mehr, dass es dieser Regierung an einer klaren Vision mangelt. Eine Förderagentur braucht eine klare strategische Ausrichtung zum Beispiel entlang der globalen Nachhaltigkeitsziele wie Bekämpfung des Klimawandels, nachhaltige Städte und saubere Energie. Obama hat eine Innovationsagentur zum Thema Energie zu seinem persönlichen Projekt gemacht. Ein solches Bekenntnis der Bundeskanzlerin zu Zukunftsthemen wäre dringend überfällig.

Unsere Kritik zu den bisherigen Ankündigungen der Bundesregierung im Einzelnen:

  • Innovation darf kein Selbstzweck sein – es braucht eine klare Vision: Deutschland, Europa und die Welt stehen vor enormen gesellschaftlichen Herausforderungen – die Klimakrise ist da nur ein Beispiel. Zwar bekräftigt die Bundesregierung, dass mit der Förderagentur „ein großer gesellschaftlicher Nutzen“ erzielt werden soll. Doch wer und wie genau über die voraussichtlichen „Challenges“ entscheiden wird, kann sie nicht sagen.
  • Kleine nationale anstatt große europäische Lösung: Die Bundesregierung stellt fest, dass Europa mit den bestehenden Förderinstrumenten „das Potential beim Transfer von Wissen in marktfähige Produkte – insbesondere im Bereich der Sprunginnovationen – nur unzureichend ausschöpft“. Doch die konkreten Handlungen stehen dem entgehen und Erfolge bleiben aus: So konnte sich die Bundesregierung gemeinsam mit Frankreich auf nur ein einziges Pilotprojekt auf europäischer Ebene zur Stärkung von Sprunginnovationen durchringen. Mehr soll auch bis Ende 2020 nicht kommen. Dies steht im starken Gegensatz zur gemeinsamen deutsch-französischen Resolution für einen neuen Élysée-Vertrag vom 22. Januar 2018, in welcher sich beide Parlamente in aller Deutlichkeit für eine europäische Innovationsagentur stark machen. Auch gilt: eine rein deutsche „Förderagentur für Sprunginnovationen“ wird schwerlich die nötigen Ressourcen aufbringen die es braucht, um bahnbrechende Innovationen in ausreichendem Maße zu fördern. Die Bundesregierung selbst verweist in ihrer Antwort auf die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), welche die amerikanische Regierung allein in 2018 mit 3,17 Milliarden US-Dollar ausgestattet hat. Die von Bundesbildungs- und Forschungsministerin Karliczek angekündigten 100 Mio. EUR für 2019 könnten da allenfalls ein erster Schritt sein.
  • Gewünscht, aber ohne Konzept: Die Bundesregierung möchte die „Förderagentur für Sprunginnovationen“ noch in diesem Jahr aus der Taufe heben. Trotz der zeitnahen Gründung einer solchen Agentur sind noch viele Fragen offen – so wurde über die Organisationsstruktur noch nicht abschließend entschieden und bezüglich der Förderinstrumente existieren lediglich erste vage Ideen. Trotz der geplanten Gründung der Förderagentur für Sprunginnovationen noch in diesem Jahr hat es die Bundesregierung versäumt, dieses Thema zum Gegenstand der parlamentarischen Beratungen über den Haushalt 2018 zu machen. Zudem äußert sich die Bundesregierung nicht zu der Frage, welche Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bereits in die Entwicklung der Förderagentur eingebunden sind und welche sie zukünftig einbeziehen möchte.

Die Berichterstattung im Handelsblatt findet sich hier.