Rückblick: Erste grüne KI-Konferenz voller Erfolg

  • Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile fester Bestandteil unseres Alltags. Viele Bereiche in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik werden durch den Einsatz von KI maßgeblich beeinflusst.
  • Um KI mitgestalten zu können, müssen wir in Europa diese wichtige Technologie mitentwickeln. In Krisenzeiten kann sie zum Teil der Lösung werden, zumindest dann, wenn wir sie mit den richtigen Werten versehen.
  • Wir haben mit unseren Gästen bei der grünen KI-Konferenz diskutiert, was politisch getan werden muss, um KI nachhaltig, zivil und sozial einzusetzen.

Bei der grünen KI-Konferenz im Livestream aus dem Schaltraum des ewerks Berlin diskutierten am 24.09.2020 grüne Abgeordnete mit Gästen aus der Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft darüber, wie KI uns dabei helfen kann, Krisen zu bewältigen. Die Zuschauer*innen konnten sich online beteiligen.

Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt MdB begrüßte via Video aus einer Fabrikhalle, in der eine Kehrmaschine KI nutzte, um nachts die Halle zu reinigen. Die dabei verwendete KI soll in Zukunft im autonomen ÖPNV angewandt werden. Katrin Göring-Eckardt warf dabei die zentralen Fragen der Veranstaltung auf: Welchen Beitrag kann KI bei der Krisenbewältigung leisten? Wie schaffen wir es, in Europa bei KI-Entwicklungen souverän zu werden? Wie können wir kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) bei der Entwicklung von KI unterstützen? Und wie können wir dafür sorgen, dass KI-Anwendungen diskriminierungsfrei und ressourcenschonend gestaltet werden?

Warum, fragte Moderatorin Geraldine de Bastion, Geschäftsführerin von Konnektiv, die Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik Dr. Anna Christmann MdB,, beschäftigen sich die Grünen überhaupt mit KI. Die Antwort: KI ist bereits in unserem Alltag angekommen und hat das Potenzial, bei der Krisenbewältigung eine wichtige Rolle einzunehmen. Grüner Anspruch ist, diese wichtigsten technologischen Wandel mitzugestalten.

In ihrer Keynote erläuterte Audrey Tang, Digitalministerin von Taiwan, wie die taiwanesische Regierung mit einer an den Menschen ausgerichteten Politik und digitalen Anwendungen die Corona-Pandemie unter Kontrolle halten konnte. Der Staat müsse die Bürger*innen in den Mittelpunkt stellen, KI und digitale Anwendungen seien dabei lediglich assistierend, aber „assistierend intelligent“. Als Beispiel nannte sie den Umgang mit Verschwörungsmythen, die in der Corona-Pandemie verstärkt zirkulieren. Sie beschrieb die Taktik „humor over rumor“: Bürger*innen können den Ministerien digital kennzeichnen, wenn sie glauben, dass ein Tweet, ein Facebookeintrag oder ähnliches Desinformation ist. Innerhalb von kürzester Zeit reagieren die Ministerien und erstellen ein aufklärendes und gleichzeitig lustiges Meme, das in den sozialen Medien meist eine wesentlich größere Aufmerksamkeit erhält, als die ursprüngliche Desinformation. Taiwan verfolge einen kollaborativen Ansatz: Offenheit, Vertrauen und Transparenz seien hierfür die Grundlagen.

In Europa ist neben exzellenter KI-Forschung auch eine bessere und effizientere Finanzierung erforderlich, um selber technologisch souverän zu werden. Erster zugeschalteter Gast war Prof. Peter Dayan, Humboldt-Professur für Künstliche Intelligenz und Direktor des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik. Er hat als erster eine der 100 KI-Professuren der Bundesregierung erhalten. Die Politik muss wie Peter Dayan und Anna Christmann feststellten, in Europa viel stärker vernetzt werden, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Prof. Dr. Harald Welzer, Soziologe und Sozialpsychologe, Mitgründer des Rats für Digitale Ökologie und Dieter Janecek MdB, Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft, diskutierten über die technologischen Möglichkeiten, die Klimakrise zu bekämpfen. Harald Welzer wollte weniger über die die Art und Weise, wie KI zu gestalten sei diskutieren sondern fragte: In welcher Welt wollen wir leben und welchen Platz hat KI darin? Dieter Janecek fand, dass KI sehr wohl nachhaltig ausgerichtet werden kann und Rebound-Effekte eines zu hohen Energieverbrauchs reguliert werden können.

Nach den ersten beiden Runden wurden in zwei „Elevator Pitches“ von Olga Mordvinova, CEO von incontext.technology GmbH, und Sina Youn, Senior Privacy & Technology Strategist bei Brighter AI Technologies GmbH, aufgezeigt, wie einerseits KI-Anwendungen bei der Bewältigung der Klimakrise helfen können und wie andererseits rechtliche Rahmenbedingungen – wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – Grundlagen für digitale Geschäftsmodelle sein können. Dr. Danyal Bayaz MdB, Startup-Beauftragter, unterstrich, dass Startups die Möglichkeiten in einer Europäischen Kapitalunion haben sollten, ihre Geschäftsmodelle ohne bürokratische Hürden in anderen europäischen Ländern aufzusetzen.

Auch kritische Themen zur Inneren Sicherheit und Diskriminierung waren Thema. Dr. Konstantin von Notz MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, skizzierte, wie im Bereich der Inneren Sicherheit KI-Anwendungen genau überprüft werden müssten und ein klarer Rechtsrahmen gegeben werden muss, auch um für Unternehmen Rechtssicherheit bei den neuen Technologien zu geben. Die letzte Entscheidung müsse beim Menschen liegen. Wird KI eingesetzt, um Entscheidungen vorzubereiten, müsse dies transparent und diskriminierungsfrei sein.

Genau darüber, wie Diskriminierung verhindern werden kann, diskutierten die Gründerin von The Ethical Tech Society und AlgorithmWatch, Lorena Jaume-Palasí und Tabea Rößner MdB, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz. Da KI von Daten lernt, die durch menschliche Entscheidungen entstehen, hält sie uns einen Spiegel unserer menschlichen Diskriminierungsmuster vor. KI sei daher im Grunde eine Mathematisierung von Asymmetrien. Um dem entgegen zu wirken, brauchen wir mehr Datenvielfalt, diverse Teams und nicht zuletzt eine gesetzliche Anpassung des Antidiskriminierungsgesetzes an da digitale Zeitalter.

Kenza Ait Si Abbou Lyadini, KI-Expertin und Autorin, wies in einem Austausch mit Anna Christmann darauf hin, dass Diversität von Teams umfassender begriffen werden muss und nicht nur anhand von z.B. Geschlecht und Hautfarbe sondern auch von Skills, also Fähigkeiten, abgelesen werden muss.

Mit Prof. Dr. Christian Stöcker, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und Journalist zogen die Abgeordneten ein Fazit der grünen KI-Konferenz: Wir müssen die Technologie aktiv mitgestalten, alles andere wäre eine politische Bankrotterklärung.